Freitag, 13. November 2015

Fragen rund um Wolle, das Handspinnen und meine Produkte



Dieses Fragen-FAQ habe ich für meinen Shop geschrieben, zum einen weil ich mich von häufigen Fragen entlasten möchte, zum anderen weil ich Transparenz für alle Kunden sehr wichtig finde.  Ihr solltet alles ganz glasklar wissen und auch wenn es ein Tabu für manche andere Verkäufer darstellt, ist es doch kein Geheimnis, wie gefärbt wird, was dabei in die Wolle kommt, woher die Wolle stammt und wie ich versuche, tier- und Umweltschutz so gut wie möglich umzusetzen.

Der Text wird in den kommenden Tagen im Shop mit einem schönen "Aufklapp-System" eingefügt, sodass man nur noch die Fragen sieht und die Antwort sich öffnet, wenn man eine Frage anklickt. Dann ist es auch nicht mehr so lang. Meeeega cool :-).

Zuvor möchte ich das hier posten. Vielleicht habt ihr ja noch Anregungen, weitere Fragen oder andere Meinungen :-). 

Und hier kommt's:

Über Wolle und Spinnfasern gibt es hunderte Fragen, die man sich stellt, insbesondere wenn man noch nicht lange spinnt. Ich beantworte deshalb mit bestem Gewissen hier einige Fragen, die sicherlich mit der Zeit aufkommen oder die häufig gestellt werden. Über Ergänzungen freue ich mich natürlich, also schreib mich bei Fragen und Kritik gern an.


Welche Eigenschaften haben die Wollen von verschiedenen Schafrassen?

Die Eigenschaften der Schafrassen sind sehr unterschiedlich. In der Mischung können sie außerdem noch einmal ein ganz anderes Spinngefühl entwickeln als in reiner Form, sodass man sich nicht scheuen sollte, auch die gröberen Wollen auszuprobieren.

Der Feinheitswert, mit dem die Feinheit von Schafwolle gemessen wird, heißt Micron, aus dem Englischen für Mikrometer, also die Größeneinheit, in der die Dicke der Schafhaare gemessen wird. Schafwolle variiert zwischen Werten von ca. 14 bis 60 Micron. Diese Zahl ist ein Richtwert, bedeutet aber nicht, dass sie genau dem Spinn- und Strickgefühl entspricht, da die Faserlänge, die Lockenstärke, der Crimp und andere Faktoren sich darauf auswirken. Unten stehende Sortierung geschieht demnach nach meinem persönlichen Feinheitsempfinden der Wolle in meinem Shop.

Noch ein paar kurze Anmerkungen zu Dingen, die man allgemein über Wolle wissen sollte:

- Wusstest du, dass das Wort "Baby" bei Edeltierfasern nicht das Fohlen oder Lamm beschreibt, sondern bedeutet, dass die Wolle sehr sorgfältig sortiert ist und nur das reine Unterfell genutzt wird?

- "Crimp" bei Wolle bedeutet, dass diese nicht glatt, sondern eher "geknittert" bzw. ganz fein gekräuselt ist. Das gibt der Wolle mehr Volumen, aber auch eine etwas raue Oberfläche im Garn. Das Gegenteil nenne ich glatt, also unabhängig von Locken.

- Die Bezeichnung "Milchschaf" bedeutet in diesem Text, dass es sich um einen Ursprung der Wolle handelt. Meistens sind dies Rassenmixe oder gar Wollmixe, die aus grasenden Herden teils aus der Milch- und Fleischproduktion stammen. Durch die starke Mischung der Wolle aus verschiedenen Schafherden ist die Qualität gleichbleibend, jedoch nicht unbedingt einer bestimmten Rasse zugeschrieben. Das bekannteste Beispiel ist unsere deutsche Eiderwolle.

- Die Bezeichnung "superwash" erkläre ich ausführlicher in einem gesonderten FAQ-Punkt.

Nach Feinheit sortiert

Sehr fein: Merino (14,5-23 mic.), Polwarth (22-23 mic.) Falkland (21 mic.), Bluefaced Leicester (21 mic.), Merinos D'Arles (21 mic.)

Fein: Falkland (23 mic.), Merino (25-27 mic.), Finnisches Milchschaf (28 mic.), Gotland (30-44 mic), Neuseeland (24 mic.), South American-Milchschaf (25-26 mic.)

Mittelfein: Shetland (29-31 mic.), Swaledale (35-45 mic.) Polarfuchs (23 mic.) oder isländisches Milchschaf (34-36 mic.), Corriedale (25 mic.), Eider (24-31 mic.), Kent Romney (28 mic.), Manx Loaghtan (29-31 mic.), Spanische Merino (24 mic.) Süddeutsche Merino (25 mic.)

Grob: Suffolk (35-40 mic.), Jakob (33-35 mic.), Nordisches Kurzschwanzschaf (33-36 mic.), Perendale (28-32 mic.), Welsh (31-35 mic.), Whiteface Woodland (35-38 mic.), Wensleydale (40-50 mic.), Southdown (28-30 mic.), 56' English (33 mic.), Cheviot (30-35 mic.), Irisches Milchschaf (34 mic.), Schottisches Milchschaf (35 mic.), Texel (32-40 mic.), Dorset Horn (32-34 mic.), Teeswater (40-60 mic.)

Sehr grob: Devon (40-60 mic.), Herdwick (40 mic.), Lincoln (36-40 mic.)
Edeltierfasern empfinden die meisten Menschen als sehr fein und flauschig. Das unterscheidet sich aber auch individuell sehr stark. Meine persönliche Reihenfolge von fein nach gröber sieht folgendermaßen aus:
Kaschmir, Yak, Angora, Kamel, Kidmohair, Suri Alpaka, Babyalpaka, Alpaka, Lama, Mohair (diese ist ziemlich grob im Vergleich zum Rest).

Nach Schafrassen beschrieben

56' English: Die Milchschafwolle ist vergleichbar mit Eiderwolle und mit süddeutscher Merino und relativ grob. Ergibt ein voluminöses, wärmendes Garn. Die Superwash Variante eignet sich aber sehr gut für Garne, die zu Pullovern oder Socken verarbeitet werden und maschinenwaschbar sein sollen.
Bluefaced Leicester (kurz BFL): Unter Handspinnern sehr beliebt ist die BFL eine sehr feine, glatte, nicht filzanfällige Wolle mit hoher Stapellänge, die sich gut für Garne mit wenig Drall eignet, beispielsweise auch für Singles. Man erkennt sie an der sanften Wellung und einem zarten Glanz. Es gibt sie auch mit Superwash-Ausführung.
Cheviot: Eine relativ grobe, aber glatte Wolle, die ein schönes, robustes Garn ergibt. Die Besonderheit ist, dass eine Superwash-Variante hergestellt wird, welche beim Färben sehr satte Farben ermöglicht und nach dem Stricken maschinenwaschbar ist.
Corriedale: Eine mittelfeine, glatte Wolle, die Falkland und Shetland sehr ähnlich ist. Die Feinheit ist sehr variabel.
Devon: Eine sehr grobe, ziemlich langstapelige Wolle.
Dorset Horn: Eine recht grobe Wolle mit feinen Wellen und einer hohen Stapellänge.
Eider: Eine mittelfeine Milchschafwolle mit etwas Crimp, die der süddeutschen Merino ähnelt. Ergibt ein voluminöses, wärmendes Garn.
Falkland: Die Wolle ist fast ohne Crimp und variiert von sehr fein bis mittelfein. Meine reine Falkland ist eine sehr feine Wolle, während die in den Mischungen eher mittelfein ist. Sie neigt kaum zum Filzen.
Finnisches Milchschaf: Diese Wolle ähnelt ein wenig der Bluefaced Leicester und Gotland und hat einen zarten Glanz, ist jedoch filzanfälliger als BFL.
Gotland: Das Gotlandschaf, ein Freiweideschaf, das ursprünglich aus Gotland stammt, jedoch heutzutage in Europa weit verbreitet ist, hat trotz hoher Micron-Zahl eine wirklich feine, flauschige Wolle mit sehr feinen Locken, die jedoch stark zum Filzen neigt. Vom Spinngefühl her könnte man sie mit Kidmohair vergleichen.
Herdwick: Das Herdwick hat eine sehr grobe, aber durch verschiedene Farbschattierungen von dunkelgrau bis weiß innerhalb eines Kammzugs wundervoll rustikale Wolle, die sich toll spinnen lässt, jedoch stark fusselt durch darin enthaltene, sehr kurze und grobe Haare.
Irisches Milchschaf: Eine sehr schön zu spinnende, mittelfein bis grobe Wolle mit nur leichtem Crimp und toller, braun-melierter Farbe.
Island-Milchschaf oder Polarfuchs: Diese Wolle ist recht vielfältig. Polarfuchs genannt ähnelt sie Shetland, Corriedale und Falkland, Islandwolle genannt ähnelt sie eher der finnischen Wolle. Der Unterschied liegt in der Bezugsquelle von unterschiedlichen Zuchten.
Jakobsschaf: Jakobsschafe gibt es in allen Farbschattierungen bis hin zu gescheckten Schafen. Die Wolle ist eher grob, mit relativ wenig Crimp und wundervoll zu spinnen. Sie neigt kaum zum Filzen.
Kent Romney: Es ist eine mittelfeine Wolle ähnlich wie Falkland und Corriedale, die glatt und sehr filzunanfällig ist.
Lincoln: Eine sehr grobe, sehr glatte Wolle mit schönem Glanz. Zum Spinnen weniger geeignet als zum Basteln (z.B. für Puppenhaare).
Manx Loaghtan: Diese alte Schafrasse ist sehr selten und daher relativ wertvoll. Sie ist mittelfein, toll zu spinnen und ähnelt in ihren Eigenschaften den anderen mittelfeinen Wollen wie Falkland, Shetland usw.
Masham: Eine sehr langstapelige, wellige und glatte Wolle mit feinem Glanz, die sich auch filzen lässt.
Merino / Merinos D'Arles: Die Feinheit variiert hier sehr stark je nach Zuchtziel und klimatischen Bedingungen des Herkunfslandes. Eine ultrafeine Wolle mit 14,5 mic. entsteht meistens durch maschinelles Längen der Fasern. Üblich sind 21-23 mic. (meist südafrikanische Merino, aber auch die französische Merinos D'Arles) und 25-27 mic. (südamerikanische, deutsche, spanische und andere Merinoschafe). Merinowolle zählt wohl zu den beliebtesten und häufigsten verarbeiteten Wollen, kann jedoch für Handspinner auch ein Gefühl einer "künstlichen" Faser auslösen - manchmal fühlt sie sich "gummiartig" an. Der Vorteil liegt jedoch dann in der Elastizität des Garns, welches sich sehr angenehm stricken lässt. Es gibt sie ebenfalls in Superwash-Ausführung.
Neuseeland-Milchschaf: Eine feine, sehr schön zu spinnende Wolle, die ähnliche Eigenschaften hat wie Falkland oder Merino und sich filzen lässt.
Nordisches Kurzschwanzschaf: Es gehört zu einer der ältesten Schafrassen und besitzt eine langstapelige, wärmende und belastbare Wolle, die sich zwar filzen lässt, aber gut geeignet ist als Kettfaden beim Weben.
Perendale: Eine sehr schön zu spinnende, grobe Wolle mit langen, glatten Fasern, die ein dichtes Garn ergeben.
Polwarth: Eine sehr feine, aber filzanfällige Wolle, die der Merino ähnlich ist und eher pastellig färbt. Sie ergibt ein sehr kuscheliges, elastisches Garn ohne das "gummiartige" Spinngefühl.
Schottisches Milchschaf: Eine grobe, aber sehr schön zu spinnende Wolle mit einer schönen, mittelgrauen Farbe, leichtem Crimp und etwas Rest-Lanolin.
Shetland: Shetlandwolle ist vielseitig und unglaublich toll zu spinnen. Sie filzt so gut wie gar nicht und ergibt ein weiches und sehr belastbares Garn, mit dem sich gut weben lässt oder mit dem man Pullover und andere strapazierte Dinge herstellen kann. Es gibt Shetlandwolle in vielen Farben, die meist ein wenig meliert sind, da viele der Individuen gescheckt sind. Meines Empfindens nach ist die Wolle in meinem Shop sehr unterschiedlich. Die weiße ist meist etwas grober und gleicht der Corriedale, die graue hingegen ist super fein und vom Spinngefühl eher mit Gotland zu vergleichen.
Southdown: Diese Wolle ist eher grob, schön zu spinnen und besitzt leichten Crimp. Sie ähnelt ein wenig dem Jakobsschaf, ist robust und filzunanfällig.
South American-Milchschaf: Eine weiche, leicht glänzende Wolle, die sich sowohl spinnen als auch filzen lässt.
Suffolk: Eine graue, relativ grobe Wolle mit etwas Crimp, die sich zum Spinnen und Filzen eignet. Das gesponnene Garn ist ziemlich warm und schwer.
Swaledale: Eine graue, mittelfeine bis grobe Wolle, die Falkland, Corriedale und Kent Romney ähnelt und sich sehr gut für belastbare Projekte eignet, da sie nicht filzt und eine gute, haltbare Stapellänge besitzt.
Teeswater: Eine sehr langstapelige, glänzende und glatte Wolle, die der Wensleydale ähnelt.
Texel: Eine holländische Milchschafwolle, die viel Crimp hat, voluminös und relativ grob ist und Ähnlichkeit mit Jakob und Southdown besitzt.
Welsh: Eine grobe Wolle, die der Jakob und der Southdown ähnelt und leichten Crimp besitzt.
Wensleydale: Eine sehr stark glänzende, sehr glatte Wolle, die einen schweren Faden mit hoher Dichte ergibt und durch die hohe Stapellänge eine gute Zugebelastung besitzt. Manche Handspinner empfinden eine Ähnlichkeit mit menschlichem Haar.
Whiteface Woodland: Eine Zucht von den Pennines, einem Mittelgebirge in England. Die Wolle ist grob mit leichtem Crimp, wärmt sehr gut und besitzt ähnliche Eigenschaften wie Jakob und Southdown.


Woher kommt eigentlich die Wolle und wie wird sie verarbeitet bzw. gefärbt?

Spinnfasern
Ich beziehe meine Spinnfasern fast ausschließlich aus England, ansonsten aus Deutschland. Die Verarbeitung der englischen Wolle geschieht in einem Familienunternehmen und besitzt viele Vorteile: Zum einen stehe ich hinter der Philosophie dieses Unternehmens, das auf die Haltung der Schafe achtet (siehe Punkt "Mulesing"), zum anderen ist die Qualität entscheidend. Die Wolle wird für mich frisch zu Kammzügen verarbeitet, ist fettfrei und besitzt eine gleichbleibende, hohe Qualität.
Die meisten Schafrassen meiner Spinnfasern kommen regional aus Großbritannien. Manche, insbesondere weichere Wollsorten, kommen aus wärmeren Ländern. Folgend findest du eine Liste des Ursprungs der verschiedenen Schafrassen.

Großbritannien: 56' English, Bluefaced Leicester, Cheviot, Devon, Dorset Horn, Herdwick, Jakob, Kent Romney, Lincoln, Manx Loaghtan, Masham, Schottisches Milchschaf, Shetland, Southdown, Suffolk, Swaledale, Texel, Welsh, Wensleydale, Whiteface Woodland
Irland: Irisches Milchschaf
Deutschland: Eider-Milchschaf, Falkland, Gotland, Merino
Norwegen: Nordisches Kurzschwanzschaf
Finnland: Finnisches Milchschaf
Island: Island-Milchschaf, Polarfuchs
Falklandinseln: Falkland, Polwarth
Frankreich: Französisches Milchschaf, Merinos D'Arles
Spanien: Spanische Merino
Neuseeland: Corriedale, Neuseeland-Milchschaf, Perendale, Polwarth
Südafrika (Kap der guten Hoffnung): Merino
Südamerika: Merino, South American

Naturfarbene Rohwolle
Meine Rohwolle stammt von einem holländischen und ansonsten deutschen Schäfern und wird von mir teils über persönlichen Kontakt bezogen, teils sogar persönlich abgeholt, sodass ich die Schafe kennen lernen kann. Ich bezahle die Schäfer, sodass mindestens die Kosten der Schafschur gedeckt werden. Das bedeutet, dass ich das komplette Vlies kaufe mitsamt dem Ausschuss und dem Schmutz, der daran haftet und später entsorgt werden muss. Ungefähr die Häfte bis zwei Drittel des Vlieses können nach dem Sortieren verwendet und gewaschen werden.

Färbung und Weiterverarbeitung der Wolle in diesem Shop

Rohwolle
Bisher biete ich fast nur handgewaschene Wolle vom Schäfer an, also Wolle, in der viel Arbeit und Zeit steckt und die nicht unter Wiederverkauf fällt. Ich wasche per Hand und möglichst Wasser sparend. Dennoch benutze ich kein kaltes Regenwasser, sondern wasche in vier Waschgängen sehr heiß, weil ich persönlich kein Freund von fettiger Wolle bin. Bei jedem Waschgang wird hochwertiges Waschmittel hinzugefügt (ich nutze die Marke Unicorn und Shampoo aus der Drogerie), zum Schluss verwende ich im letzten Waschgang etwas Zitronenessenz und Haarconditioner. Durch dieses Verfahren ist gewährleistet, dass die Wolle sehr fettarm, sauber, filzfrei und weich ist.

Färbungen und Verarbeitung allgemein
Ich färbe nicht in der Küche, sondern in meiner Werkstatt, sodass ich genügend Platz habe und alles reinigen kann. Für das Färben selbst habe ich viele verschiedene Methoden entwickelt, liegend oder im Topf, mit viel oder wenig Wasser und vielen verschiedenen Techniken für jeden Effekt. Manche Effekte, wie wilde Färbungen im Topf, können nicht reproduziert werden. Sie sind Überraschungen in jeder Hinsicht und ergeben wundervolle Farbübergänge.
Nach dem Färben lasse ich die Wolle langsam abkühlen und abtropfen, bevor ich sie gründlich auswasche. Sie wird nicht geschleudert oder anders behandelt. So färbe ich auch sehr filzanfällige Wolle ohne dass diese filzt. Komplett trocknen lasse ich die Wolle dann meistens draußen, bei schlechtem Wetter auch nur einen Tag bevor ich sie rein hole und durchtrocknen lasse.
Je nach Mischung und Wollsorte wird diese oft noch einmal auseinander gezupft und mit den Händen fluffig gemacht, bevor ich sie flechte, etikettiere und verschicke. Das sind einige Stunden Arbeit, die sich manch andere Färber nicht machen, die aber zu einem garantiert schönen Spinnverhalten der Fasern ohne Zusätze von Weichspülern und Weichmachern führen.

Färbungen von Kammzügen, Garnen und anderen Fasern
Ich nutze zum Färben von Wolle die gängigen Marken der Säurefarben (Ashford, Lanaset, Jaquard). Diese Marken stehen für hohe Qualität und besitzen, wenn auch nicht zertifiziert, Lebensmittelqualität. Als Säure verwende ich Zitronensäure und Zitronenessenz (aus dem Supermarkt). Meines Empfindens nach werden die Farben mit Essigessenz noch klarer und satter, aber es stört der Geruch. Darum habe ich schon früh komplett auf Zitrone umgestellt.
Ich fange das Färbewasser nach einer Färbung stets auf und führe es dem Färbetopf wieder zu. Die Farbe gelangt eh nicht ins Abwasser oder zurück in den Färbetopf, da sie durch langes Fixieren bei ca. 80°C komplett von der Wolle aufgenommen wird und an ihre Proteine bindet. Das Wasser ist danach wieder komplett klar. Doch auch die Säure, welche kostbar ist und nicht in Mengen ins Abwasser gehört, möchte ich sparen und färbe daher auch Aufträge nie allein, sondern lege einzelne, komplette Färbetage ein, an denen viel Wolle auf einmal sowohl wasser- als auch säuresparend gefärbt wird.
Ich benutze keinerlei weitere Produkte, kein Fixiersalz und keine Weichmacher. Wer ein weicheres Garn haben möchte, kann solche Dinge zufügen. Silikon- und konservierungsstofffreie Haarconditioner und Haarkur verwende ich für meine privaten Garne beim Baden und kann dies sehr empfehlen. Jedoch belasse ich die gefärbten Spinnfasern im Shop ganz natürlich, sodass jeder für sich entscheiden kann, was er mag und verträgt.

Färbungen von Baumwolle, Leinen und Hanf (noch in Planung und nicht erhältlich)
Diese Pflanzenfasern lassen sich nicht mit herkömmlichen Säurefarben färben, daher nutze ich hier die Jaquard Textil-Reaktivfarben und einfaches Waschsoda, um sie zu färben.

Pflanzenfärbungen
Meine pflanzengefärbten Garne sind die letzten Bestände meiner Pflanzenfärbungen. Ich entwickelte leider eine Allergie gegen das Alaun und trenne diese Garne daher separat von allem anderen. Die Zusätze meiner Färbungen stehen stets bei den Produkten. Das sind Alaun und die jeweiligen Pflanzen, Eisen-II-Sulfat bei Grüntönen und Lauge, Hydrogencarbonat und Soda bei den Indigofärbungen. Alle Zusätze sind nach dem Färben ungiftig.

Töpferwaren
Eine Zeitlang habe ich selbst getöpfert und viele der Ergebnisse findet ihr im Shop. Da alle diese Produkte zu Steingut gebrannt sind, sind sie sehr hart, wasserdicht und spülmaschinenfest. Zudem nutzte ich nur Glasuren und Engoben, die für Essgeschirr geeignet sind.

Handspindeln
Meine Handspindeln sind teils selbst gebaut und alle, bis auf die naturfarbenen, von mir handlackiert. Beim Bauen nutze ich einfachen Holzleim zum Verbinden der Teile. Der Lack für die bunten Spindeln ist aus dem Baumarkt von der Marke "Clou". Die Holzkleinteile kommen aus Deutschland aus einem Familienbetrieb und wurden hier verarbeitet. Auch das Holz ist deutsche Buche.

Über Verpackungsmaterial
Seit Eröffnung meines alten Dawanda Shops lege ich viel Wert auf umweltfreundliche Verpackung. Daher bestehen meine Paketbänder aus teurerem Papierklebeband, meine Etiketten aus Papier, meine Verpackung einzelner Teile auch. Nur ganz selten, bei empfindlichen Rolags zum Beispiel, greife ich auf Kunststofftüten zurück. Meine Ware wird großteils mit GoGreen versendet und wenn ich selbst zur Post fahren muss, mache ich das mit meinem süßen, super spritsparenden Mini-Peugeot möglichst auf dem Arbeitsweg :-).


Ich möchte Wolle von glücklichen Schafen - Brauche ich Organic, BIO und andere Zertifikate?

Schafe in der Massentierhaltung sind selten. Zumeist dienen die Schafherden dem Zweck des "Rasenmähers", sie sorgen für die Pflege von Dämmen und Deichen, Wiesen und sämlichten Grünflächen. Damit ist eine tiergerechte Haltung letztendlich mit diesen Vorteilen für die Landwirtschaft bedingt. Der größte Teil der Schäfer, gleich ob Teil der Fleischindustrie oder andere, kann die Wolle der nötigen Schafschur nicht verkaufen, sondern muss sie entsorgen. Wolle zu kaufen, zu verarbeiten, zu spinnen bedeutet demnach eine Unterstützung dieser Schäfer und einen Verbrauch dieses nachwachsenen Rohstoffs, der sonst der Müllverbrennung zum Opfer fallen würde. Wolle ist daher etwas, das mit reinem Gewissen verarbeitet werden kann und nicht vergleichbar mit der Produktion von Milchprodukten und Fleisch. Natürlich findet man viele Gegensprüche und Kontroversen, aber in den meisten Fällen trifft diese Beschreibung zu.

Wiesen und grasbewachsene Grünflächen, egal ob sie frisches Gras liefern oder zu Heu für die Winterzufütterung verarbeitet werden, werden normalerweise weder gedüngt noch mit Pestiziden und Insektiziden behandelt. Ein Grundstück für ein Zertifikat vorzubereiten, benötigt jedoch viel Zeit, Aufwand und Geld. Noch heute gibt es viele Schafhirten, die mit ihren Tieren durch die Landschaft streifen, durch Heiden, Auen und andere Grünflächen. Diese Schäfer sind mir persönlich noch sympathischer, denn es bedeutet die größte Freiheit für die Tiere, die nur möglich ist. Daher glaube ich persönlich, dass man mit dem Erwerb von zertifizierter Wolle eher Geld an die Bürokratie zahlt, als eine Garantie für "glückliche Schafwolle" zu erhalten. Anders sieht es gegebenenfalls bei Heilwolle aus, eine fast ungewaschene, Lanolin-haltige Wolle, mit der man Kleidung für Babys strickt und einem ggf. das Zertifikat wichtig ist.

Insgesamt ist mir natürlich klar, dass jedes dieser Themen Kontroversen hat. Es gibt eben niemals eine absolute Garantie, sobald man ein Produkt verarbeitet, das man von anderer Stelle bezieht und nicht aus dem eigenen Garten.


Ich möchte Wolle von glücklichen Schafen. Warum achte ich dabei auf mulesierungsfreie Tierhaltung?

Mulesing oder deutsch Muselierung ist eine Praktik, bei der den jungen Schafen die Haut rund um den Schwanz ohne Schmerzausschaltung entfernt wird. Diese Hautpartien werden häufig von Fliegenmaden verschiedener Familien befallen. Die Krankheit (Myiasis) würde ohne Behandlung jährlich drei Millionen Tiere allein in Australien töten (Quelle: vgl. https://de.wikipedia.org/wiki/Mulesing). Insbesondere hochgezüchtete Schafrassen, wie das Merino, sind davon betroffen, da durch die Zucht entstandene Hautfalten eine Entwicklung der Maden begünstigen.

Weltweit wurde Mulesing in allen Ländern mit Ausnahme von Australien verboten. In Neuseeland ist das Verbot noch relativ neu, daher halten sich nicht alle Schäfer daran, jedoch hat Neuseeland ein Zertifikat zur Kennzeichnung von Mulesing-freien Wollen auferlegt. Die Entwicklung dieses Themas ist gewiss noch lange nicht abgeschlossen.

Die Kontroverse dieses Verfahrens ist sehr weitreichend, jedoch gibt es Alternativen zu dieser sehr schmerzhaften Methode, bei der ebenfalls Tiere sterben aufgrund von Postinfektionen. Alternative Maßnahmen sind zum Beispiel der Einsatz von lokaler Betäubung (nimmt auch in Australien zu), von biologischer Fliegenbekämpfung, Insektiziden, Gegeninjektionen und nachhaltiger Änderung des Zuchtziels. Veränderungen können nicht von heute auf morgen von den Schäfern geleistet werden, doch sicherlich wird es sie in Zukunft auch in Australien geben.

Um dieser Kontroverse zu entgehen, biete ich in meinem Shop keine australische Wolle und keine neuseeländische Merinowolle an. Außerdem versuche ich jedem, der das Spinnen beginnt, andere Schafrassen als die der unglaublich großen Merinozucht, nahe zu bringen.


Vom Aussterben bedrohte Schafrassen? Was bedeutet das?

Nutztierrassen haben eine lange Geschichte in der Menschheit und eine immens große Variabilität. Mit der wachsenden Industrie und dem globalen Handel geht der Trend jedoch in die Richtung, nur die beliebtesten, ergiebigsten und wirtschaftlich nützlichsten Rassen zu fördern.

Auf der Roten Liste der GEH e.V. stehen viele bedrohte Schafrassen, darunter einige, die unglaublich schöne Spinnwolle liefern. Im Bereich des Handspinnens ist die Vielfalt der Fasern die für mich größte Freude und deshalb versuche ich in meinem Shop eine große Vielfalt anzubieten. Insbesondere bei meinen handgewaschenen Vliesen suche ich nach selteneren Schafrassen, die trotz allem in Deutschland in großen Mengen zu finden sind. Darunter fallen zum Beispiel die Skudde, das Pommersche Landschaf, das Coburger Fuchsschaf, das Bergschaf und das Steinschaf - alles wundervolle Spinnfasern, die nicht in Vergessenheit geraten sollten.


Was bedeutet "superwash"?

Die meisten Naturwollen neigen zum Filzen oder können in der Waschmaschine einlaufen. Aus handgesponnener Wolle Socken zu stricken ist daher eine etwas wackelige Angelegenheit, da man irgendwann einmal gewiss zu faul wird, diese Socken per Hand zu waschen und dann um sie trauert, wenn sie zu klein aus der Waschmaschine kommen. Manche Fasern können durch Ergänzungen in der Mischung durch verschiedene Viskosefasern (als pflanzliche Fasern) oder durch Nylon strapazierfähiger gemacht werden. Aber mit der Superwash Ausrüstung ist dein Garn noch um einiges haltbarer. Ein weiterer Vorteil liegt in der Wasseraufnahme dieser behandelten Fasern. Sie saugen sich schlechter mit Wasser voll und geben dieses leichter an die Luft ab. Zudem ermöglicht Superwash beim Färben sehr satte, brillante Farben und sonst schwer färbbare Farbtöne, wie tiefstes Schwarz.

Die Superwash Ausrüstung der Textilindustrie arbeitet mit dem Hercosett-Verfahren. Wolle filzt insbesondere durch die abstehenden Haarschuppen, die sich ineinander verhaken können. Umso feiner sie ist, umso mehr Möglichkeiten des Verhakens ergeben sich auf eine bestimmte Fläche gesehen, wobei die gesamte Zahl abstehender Schuppen ausschlaggebend ist, wie stark eine Wolle filzt oder nicht. Mit dem Hercosett Verfahren werden zuerst diese Schuppen teils entfernt. Dies geschieht mithilfe von Epichlorhydrin, welches in reiner Form giftig ist, jedoch nach der Verarbeitung nicht mehr frei vorliegt. Danach wird ein Kunstharz (Polyaminoamid) aufgetragen, welches die Wasseraufnahme der Wolle verringert (Quelle: vgl. http://universal_lexikon.deacademic.com/309246/Textilveredlung%3A_Ver%C3%A4nderung_von_Fasern).

Auch hier steht man in der Kontroverse. Das Verfahren belastet die Umwelt und führt künstliche Produkte einem sonst naturreinen Produkt zu. Ich nutze daher Wolle mit Superwash Ausrüstung eigentlich nur, um Farben zu färben, die sonst nicht möglich wären bzw. um für Projekte eine Wolle zu bieten, die definitiv nicht kaputt geht und damit langlebig und haltbar bleibt.


Was sind Blendings?

Meine Blendings sind Unikate, aber sie werden für mich zu Kammzügen kardiert und sind nicht handgefärbt. Sie ergeben schöne, melierte Garne, die sich besonders als Kontrast zu bunt gesponnenen Kammzügen einsetzen lassen, aber auch in purer Form schön sind. Je nach Häufigkeit des Kämmens werden sie melierter oder farbgetrennter. Auch durch mehrfaches Teilen des Kammzugs längs kann man Einfluss auf die Farbvariation nehmen (siehe Bild).



Warum tierische und pflanzliche Fasern doch mischen?

Es stimmt, tierische und pflanzliche Fasern, bzw. proteinhaltige und cellulosehaltige Fasern haben verschiedene Eigenschaften. Deshalb sprechen viele Leute dagegen, sie zu mischen. Ich kann die Gründe jedoch nicht nachvollziehen, da ich nun schon lange Zeit solche Mischungen mache und verspinne und das mit viel Freude und einer Menge Erfahrung.

Im versponnenen Garn mischen sich die Fasern so eng, dass sich auch ihre verschiedenen Eigenschaften mischen. Ein Beispiel dazu: Reine Merinowolle ist elastisch, weich, filzanfällig, kann einlaufen, nimmt viel Wasser auf, gibt es relativ schnell wieder ab. Reine Bananenfaser ist nicht elastisch, glatt, relativ stabil, nimmt kaum Wasser auf, aber einmal vollgesogen bleibt sie ewig feucht. Zusammen ist der Kammzug bereits stabiler, färbt interessant und trocknet ziemlich schnell. Das Garn hingegen ist immer noch wundervoll weich, hat immer noch eine leichte Elastizität, reißt aber nur unter hohem Zug und lässt sich ebenso perfekt baden, stricken, waschen wie beide Fasern einzeln.

Für mich haben diese Mischungen etwas magisches. Prinzipiell kann man aus allen Mischungen alles herstellen. Aber sucht man die perfekte Mischung für ein bestimmtes Projekt, kann man auch auf die Zusammensetzung achten und die Vorteile, die man sich wünscht (zum Beispiel Elastizität, Stabilität, weichen Griff, Glanz), zusammenstellen, völlig problemlos. Es ergeben sich plötzlich tausende Möglichkeiten.

Zudem gibt es so viele interessante Pflanzenfasern, aber fast alle bieten in reinem Zustand absolut kein Spinn- und Strickvergnügen.


Fasermischungen - Welchen Effekt haben die verschiedenen Fasern in meinem späteren Garn?

Wie im oberen Punkt bereits angedeutet, sind die Mischungen, die ich anbiete, wohl durchdacht. Natürlich habe ich auch nicht ausgelernt und werde mit jeder neuen Mischung überrascht, aber die Eigenschaften einzelner Fasern allgemein für eine Mischung kann ich schon voraus sehen, bevor ich etwas Neues kardieren lasse.

Was bieten dir also all die schönen Fasern neben Wolle und kuschelweichen Edeltierhaaren in der Mischung?

Stabilität, Zugbelastung und Haltbarkeit:
Nylon, Ramie (gemacht aus einer Pflanze der Familie der Brennnesseln), Bananenfaser, Rosenfaser, Maisfaser, Tencel und Viskose (beide aus Holzmark hergestellt), Seide, Leinen, Hanf

"Cremigkeit" des Garns
Milchseide, Sojaseide, Tussahseide, Maulbeerseide

Von Schimmer nach Glanz bis hin zu Glitzer (in dieser Reihenfolge)
Viskose, Rosenfaser, Sojaseide, Milchseide, Bambus, Tussahseide, Maulbeerseide, Seacell (aus Algen hergestellt), Tencel, Bright Triobal Nylon, Superbright Triobal Nylon, Stellina, Angelina

Hautpflege
Seacell

Ein rustikales Aussehen des Garns
Leinen / Flachs und Hanf


Ich bin Anfänger. Welche Fasern sind die richtigen für mich?

Alle! naja, fast alle.
Ich verspreche dir, dass du eine große Freude mit den Wollmischungen haben wirst. Du wirst merken, dass insbesondere die mittelfeinen bis groben Schafrassen sich wie Butter ausziehen lassen, tausend mal besser im Vergleich als reine Eiderwolle oder Merino. Insbesondere Beispiele wie Shetland, Kent Romney, Cheviot und ähnliche sind traumhaft schön zu spinnen.

Dass Edeltierfasern prinzipiell nicht anfängergeeignet seien, stimmt nicht so ganz. Langfaserige Fasern kannst du schon sehr früh ausprobieren, wie Alpaka, Lama und Mohair. Alle anderen Edeltierfasern sind in der Mischung mit Wolle ebenfalls kein Problem.

Aber es gibt auch Fasern, für die ein geübter Handspinner noch üben muss, wenn er sie das erste mal in purer Form spinnt. Dazu zählen:

Seide, Baumwolle, die meisten Pflanzenfasern und Synthetischen Fasern, Milchseide, Sojaseide, Kamel, Kaschmir und Yak.

Zudem solltest du als Anfänger auch noch ein wenig auf die Preise achten. Gefällt dir ein sehr teurer Kammzug, lege ihn zurück bis du dich wirklich sicher fühlst und keinen Ausschuss mehr durch Fehler hast und ihm auch eine Lauflänge geben kannst, die für ein Projekt ausreicht.


Spinntechniken - Kontrolle vom Verlauf bis zum wilden Farbwechsel

Über Spinntechniken findet man viele Infos. Dennoch möchte ich hier noch einmal darauf eingehen, weil es eine sehr häufige Frage ist.

Langer Farbverlauf
Verlaufsfärbungen haben einen entscheidenden Vorteil, weshalb ich sie auch oft färbe. Sie sind sehr vielseitig weiter zu verarbeiten. Du kannst natürlich den Verlauf dabei erhalten, indem du den Kammzug einfach runter spinnst oder ihn ein wenig vorausziehst und dann spinnst. Um ihn danach zu einem Verlaufsgarn zu machen, muss er dreifach verzwirnt werden. Möchtest du das nicht und hast es noch nicht gelernt, teile den Kammzug vor dem Spinnen längs. So hast du zwei gleiche Teile (ggf. mit leichtem Gewichtsunterschied, der aber selten stört) und verzwirnst die beiden Singles zweifach. So habe ich es zum Beispiel bei dem Cowl auf dem folgenden Bild gemacht:




Kurzer Farbverlauf
Auch hier kannst du Verlaufsfärbungen nutzen und sie so oft vor dem Spinnen teilen, wie du die Farben wechseln lassen möchtest. Wilde Färbungen kannst du auch einfach ohne Teilen runter spinnen, sie ergeben automatisch einen Farbverlauf. Teilst du diese noch ein- oder mehrmals längst, wird der Farbwechsel immer häufiger im Garn.

Spin to Knit
Wenn du ein bestimmtes Strickstück vor Augen hast, bedenke vorher diese Techniken. Versuche dir vorzustellen, wie bunt das Strickstück werden soll. Eine zweifache Verzwirnung eines wild gefärbten, oft geteilten Kammzugs kann mitunter sehr bunt werden, was dann auch im Strickstück sehr bunt wird.

Beispiele dafür:


Zwei Lesezeichen aus einem wild gefärbten BFL-Kammzug, gesponnen ohne zu teilen, zweifach verzwirnt.

Der Brickless von Martina Behm, gesponnen aus einem mehrfach geteilten Kammzug, zweifach gezwirnt.




Um nicht so wilde Farben zu erhalten, verzwirnst du entweder dreifach oder teilst einen Kammzug nur einmal mittig und spinnst beide Teile in der gleichen Reihenfolge auf eine Spule und verzwirnst sie dann zweifach.

Natürlich ist der Effekt, der am Ende beim Spinnen heraus kommt, zudem anhängig davon, wie wild gefärbt wurde und wie viel Kontrast die Farben haben.

Ebenso gibt das Strickstück vor, wie bunt es wird. Hast du ein Strickstück vor Augen mit kleineren Reihen, wie Socken, Handschuhe, etc., dann dürfen die Farben auch gern öfter wechseln. In einem Tuch, besonders in Dreieckstüchern, werden die Farben automatisch wilder und wechseln mit wachsender Größe immer häufiger, sodass sie streifig wirken.

Als Beispiel hier ein Paar Socken, die aus einem Kammzug mit sehr häufigem Farbwechsel und hohem Kontrast (dreifach gezwirnt) entstanden:



Und hier einmal ein Tuch, das aus einem ganz ähnlich eng gefärbten Kammzug und dreifach gezwirntem Garn entstand. Dort wirkt es schon bunter:




Das richtige Entspannungsbad für meine handgefärbten Garne

Mit gefärbter und ungefärbter Wolle kann nicht gleich umgegangen werden. Sowohl industriell gefärbte als auch handgefärbte Fasern können ausbluten und zum Beispiel sehr helle Stellen in einem kontrastreichen Garn verunreinigen. Jeder Handspinner hat andere Techniken, ein Garn zu baden. Hier stelle ich meine verschiedenen Techniken vor, die ich nutze, um meine Garne zu schützen:

Naturfarbenes Garn: Dieses darf, sofern es nicht aus sehr empfindlichen Fasern besteht, recht grob behandelt werden. Man kann es im Topf mit reichlich Wasser aufkochen und langsam wieder abkühlen lassen. Hat es noch viel Restfett oder Schmutz, wie bei Alpaka, Lama usw. üblich, kann man einen Schuss Spüli, Shampoo oder Wollwaschmittel hinzu geben. Ist einem das zu viel Aufwand, reicht auch ein Eimer mit sehr heißem Wasser. lass es im trockenen Zustand dort hinein gleiten und dann langsam abkühlen. Danach kannst du es entweder nass aufhängen, sodass es sich durch das eigene Gewicht noch einmal glatt zieht (ich hänge zusätzlich gern noch ein Gewicht rein, die Brause von der Dusche beispielsweise), oder du kannst es, sofern es ein stabiles Garn ist, auswringen und auch ausschlagen, um es fluffiger zu machen.

Industriell und handgefärbtes Garn mit wenig Kontrast: Solches Garn kannst du fast wie naturfarbenes behandeln, wobei die Methode im Eimer etwas schonender ist als die im Topf. Gib hier keine Seife hinzu, sondern einen guten Schuss Essig oder Zitrone. Haare, auch unsere Haare, sind säureaffin. Das heißt, ihr natürlicher pH-Wert liegt bei ca. 5,5 (Wasser bei 7, Seifenlaugen ggf. noch höher). In diesem Säuremelieu glätten sich die Schuppen der Haare besser als bei neutralem pH-Wert, das Garn wird also weicher. Du kannst auch Haarconditioner, Haarkur, Wollwaschmittel und andere beifügen, sie sind alle an den pH-Wert der Wolle angepasst.

Industriell und handgefärbtes Garn mit viel Kontrast oder sehr empfindliche Garne aus Kaschmir und ähnlichen Fasern: Mit diesen Garnen musst du sehr viel vorsichtiger umgehen. Insbesondere, wenn weiße Stellen erhalten bleiben sollen, solltest du vom richtigen Baden Abstand nehmen. Es kann funktionieren, aber um nichts zu riskieren, empfehle ich hier zwei optionale Methoden: A) Tauche das Garn nur kurz in Wasser und lasse es gleich abtropfend hängen. B) Belasse das Garn auf der Haspel oder Niddy Noddy und besprühe es mit Wasser. Hatte es frisch verzwirnt noch zu viel Drall, lass es ein paar Tage dort ruhen.


Wie viel Wolle brauche ich für ein Projekt?

Spinnen ist keine Magie und letztendlich kommt ein Garn dabei heraus, das du so behandeln und mit dem du so planen kannst, wie mit industriell gesponnenen Garnen auch. Die Lauflänge und Nadelstärke ist hauptsächlich entscheidend für dein Strickprojekt. Meistens empfinden es Handspinner sogar so, dass das handgesponnene Garn weiter reicht als industrielles, vielleicht weil es manchmal elastischer ist, vielleicht auch weil die Industrie ihre +/- 5% voll ausnutzt, wohingegen Handfärber gern etwas mehr abwiegen.

Die Frage, wie viel Wolle du brauchst hängt davon ab, wie dünn du spinnen kannst. Schaffst du bereits eine gute Lauflänge, kannst du aus 100g ein großes Tuch machen (abhängig natürlich auch vom Strickmuster). Bist du jedoch Anfänger und spinnst vielleicht 150-200m/100g, dann solltest du für einen Loop, Schal oder ein Tuch schon 200g Wolle einplanen. Alternativ kannst du auch einen industriellen Faden oder ein naturfarbenes, gesponnenes Garn zum Verzwirnen nutzen, um die Lauflänge kostengünstig zu verdoppeln.


Das Problem besteht bei handgefärbten Produkten natürlich immer darin, dass sie selten genauso reproduziert werden können. Letztendlich gibt es aber, sollte man zu wenig gekauft haben, meistens tolle Möglichkeiten, handgefärbte Spinnfasern mit Naturfarben beim Stricken zu mischen. Ein brauner oder grauer Rand an einem Tuch oder an Handstulpen kann das Strickstück so wundervoll aufwerten!



Färben im Auftrag?

Auftragsfärbungen sind natürlich auch möglich. Bedenke aber folgende Punkte:


-Die Zeit: Da ich hauptberuflich angestellt bin, kann ich nicht immer sofort färben, wenn ich einen Auftrag erhalte. Außerdem spielen das Wetter und mein Vorrat an ungefärbten Fasern eine große Rolle für eine längere Wartezeit.


- Färbungen von anderen FärberInnen nachzuempfinden ist schwierig, weil sie andere Techniken nutzen als ich, ggf. andere Farben und jeder Färber / jede Färberin einen anderen Stil verfolgt.


- Färbungen nach einer Beschreibung kann zu anderen Ergebnisse führen als gewünscht, weil das Verständnis und die Kommunikation bei einem so kreativen Vorhaben nicht identisch ist. Wenn du mir eine Färbung beschreibst, mach es so genau wie möglich, aber bedenke, dass das Bild, welches dir vorschwebt und meines sich letztendlich immer noch unterschieden können.


- Die Faser bestimmt ganz deutlich die Farben. Manche Fasern (z.B. Nylon, Seide, Kaschmir) und manche Schafrassen (z.B. Superwash-ausgerüstete Fasern, Wensleydale, Kent Romney, Shetland, BFL, Merino) lassen sehr satte Farben zu, brillant und leuchtend. Andere Fasern (z.B. Alpaka, Angora, Kamel, Sojaseide) und Schafrassen (z.B. Polwarth) färben nur recht pastellig. Ihre Aufnahmekapazität für die Farbe ist deutlich geringer.


Hier siehst du ein Beispiel zu dem Effekt einer einzigen Färbung im gleichen Topf auf verschiedenen Fasermischungen. Die Farben unterscheiden sich sehr deutlich, obwohl die Fasern (Hauptbestandteil von links oben nach rechts unten: BFL, Merino, BFL SW, BFL) gar nicht so unterschiedlich sind, wie die Extreme, die ich oben beschreibe: